Die Hormonersatztherapie (HRT) ist eine der wirksamsten Methoden zur Linderung von Wechseljahresbeschwerden. Rund um dieses Thema gibt es jedoch viele Kontroversen und Mythen, insbesondere nach der Veröffentlichung der Ergebnisse der bekannten WHI-Studie aus dem Jahr 2002. In diesem Artikel analysieren wir den aktuellen Wissensstand zur HRT: wann sie in Betracht gezogen werden sollte, welche Vorteile und Risiken sie mit sich bringt und für wen sie sicher ist.
Was ist eine Hormonersatztherapie?
Die HRT besteht in der Verabreichung von Östrogenen (manchmal mit Gestagenen) an Frauen, bei denen die natürliche Produktion von Sexualhormonen infolge der Menopause oder einer operativen Entfernung der Eierstöcke gesunken ist.
Ziel der Therapie ist:
- Linderung klimakterischer Beschwerden (z. B. Hitzewallungen, Scheidentrockenheit, Schlafstörungen)
- Vorbeugung langfristiger Folgen eines Östrogenmangels (z. B. Osteoporose, Lipidstoffwechselstörungen)
Wann sollte man eine HRT in Betracht ziehen?
Die Empfehlungen der meisten medizinischen Fachgesellschaften (z. B. International Menopause Society, North American Menopause Society) lauten, dass HRT Frauen mit mittelschweren bis schweren Wechseljahresbeschwerden angeboten werden sollte, sofern keine gesundheitlichen Kontraindikationen vorliegen¹.
Die besten Ergebnisse werden erzielt, wenn die Therapie innerhalb von 10 Jahren nach der Menopause oder vor dem 60. Lebensjahr begonnen wird – dann ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis am günstigsten².
Formen der HRT
- Oral: Tabletten mit Östrogen oder Östrogen plus Gestagen
- Transdermal: Pflaster, Gele – geringeres Thromboserisiko³
- Vaginal: Cremes, Zäpfchen – lokal angewendet, hauptsächlich bei Scheidentrockenheit
- Kombinierte Östrogen-Gestagen-Therapie: für Frauen mit Gebärmutter
- Östrogen-Monotherapie: nur für Frauen nach Hysterektomie
Vorteile der HRT
- Deutliche Reduktion menopausaler Beschwerden
- Verringerung von Hitzewallungen um bis zu 80 %⁴
- Verbesserung von Schlaf und Stimmung
- Besseres Scheidenmilieu und Verbesserung des Sexuallebens
- Schutz vor Osteoporose und Frakturen
- Östrogene senken das Risiko für Hüft- und Wirbelbrüche⁵
- Metabolische und vaskuläre Vorteile (in bestimmten Fällen)
- Verbesserung des Lipidprofils (HDL ↑, LDL ↓)
- Früher Beginn der HRT kann das Risiko für koronare Herzerkrankungen senken⁶
- Möglicher Schutz vor Typ-2-Diabetes und Alzheimer (wenngleich nicht eindeutig bestätigt)
Potenzielle Risiken und Nebenwirkungen
Die HRT ist nicht risikofrei und erfordert eine individuelle Abwägung.
- Erhöhtes Risiko für Thrombosen und Schlaganfälle (insbesondere bei oraler HRT)⁷
- Transdermale Form sicherer bei vaskulärem Risiko
- Erhöhtes Brustkrebsrisiko bei langfristiger Anwendung mit Gestagen
- Risiko steigt nach 5 Jahren Therapie⁸
- Östrogen-Monotherapie (ohne Gestagen) erhöht das Brustkrebsrisiko nicht, möglicherweise wird es sogar gesenkt⁹
- Endometriumkarzinomrisiko (bei alleiniger Östrogengabe bei Frauen mit Gebärmutter)
- Daher ist bei Frauen mit Gebärmutter die Kombination mit Gestagen notwendig
- Magen-Darm-Beschwerden, Brustspannen, Stimmungsschwankungen – meist vorübergehend
Kontraindikationen für die HRT
- Frühere oder bestehende hormonabhängige Krebserkrankungen (z. B. Brust-, Endometriumkarzinom)
- Thrombose, Lungenembolie
- Lebererkrankung
- Ungeklärte vaginale Blutungen
- Vor kurzem erlittene Schlaganfälle oder Herzinfarkte
Alternativen zur HRT
- Phytoöstrogene und Nahrungsergänzungsmittel (z. B. Soja, Rotklee, Traubensilberkerze)
- Nicht-hormonelle Medikamente (z. B. SSRIs gegen Hitzewallungen, Gabapentin, Pregabalin)
- Lokale Therapien ohne systemische Wirkung (z. B. vaginale Östrogene)
- Lebensstiländerungen – Ernährung, Bewegung, Stressreduktion
Zusammenfassung
Die HRT kann ein sehr wirksames Mittel zur Verbesserung der Lebensqualität in den Wechseljahren sein – vorausgesetzt, sie wird individuell angepasst, zum richtigen Zeitpunkt begonnen und ärztlich überwacht. Nicht jede Frau benötigt sie, aber für viele kann sie eine sichere und sinnvolle Option darstellen.
Vor einer Entscheidung sollte stets ein Gespräch mit einer Gynäkologin oder einem Endokrinologen erfolgen – insbesondere bei chronischen Begleiterkrankungen.
Przypisy
- North American Menopause Society. Hormone Therapy Position Statement. Menopause. 2022.
- Manson JE et al. Menopausal hormone therapy and health outcomes during the intervention and extended poststopping phases of the Women’s Health Initiative randomized trials. JAMA. 2013.
- Scarabin PY et al. Differential association of oral and transdermal estrogen-replacement therapy with venous thromboembolism risk. Lancet. 2003.
- MacLennan AH et al. Hormone therapy for menopausal symptoms. Cochrane Database Syst Rev. 2004.
- Cauley JA et al. Estrogen replacement therapy and fractures in older women. Ann Intern Med. 1995.
- Rossouw JE et al. Postmenopausal hormone therapy and risk of cardiovascular disease by age and years since menopause. JAMA. 2007.
- Canonico M et al. Hormone therapy and venous thromboembolism among postmenopausal women. Circulation. 2007.
- Chlebowski RT et al. Estrogen plus progestin and breast cancer incidence and mortality in postmenopausal women. JAMA. 2010.
- Anderson GL et al. Conjugated equine estrogen and breast cancer incidence and mortality in postmenopausal women with hysterectomy. JAMA. 2012.